“Man kriegt sehr viel zurück” – 35 Jahre Betriebszugehörigkeit – Teil 2

“Man kriegt sehr viel zurück” – 35 Jahre Betriebszugehörigkeit – Teil 2

"Man kriegt sehr viel zurück" - Interview zu 35 Jahren Betriebszugehörigkeit - Teil 2

Im zweiten Teil des Interviews erzählt Monika, welche Aufgaben sie nur ungern erledigt, was sie BerufseinsteigerInnen rät und was ihre Leidenschaft ist.

Nach über 45 Jahren Berufserfahrung verabschiedet sich Monika im November 2023 in den Ruhestand. Am 1.Juli 1988 war Monis erster Arbeitstag. Im ersten Teil des Interviews erzählte Moni wie die Arbeit vor 35 Jahren war und warum sie Altenpflegerin geworden ist.

Frage: Was magst du besonders an deiner Arbeit?

Moni: Den Umgang mit den Bewohnern. Deshalb habe ich auch nie eine Fortbildung als Wohnbereichsleitung oder Pflegedienstleitung gemacht, nur um den Schreibkram nicht machen zu müssen. Ich arbeite gerne mit den Bewohnern und beschäftige mich gerne mit ihnen, aber dieser Schreibkram, der geht mir sonst wohin (lacht).

Da habe ich auch noch eine Anekdote, das war erst letzte Woche. Da sagt die Ärztin zu einer Bewohnerin: „Wie geht’s Ihnen denn?“ Dann hat die Bewohnerin geantwortet: „Gut. Eigentlich sehr gut. Dank ihr.“ Und hat auf mich gedeutet. Bei sowas, da geht einem wirklich das Herz auf, das sind diese Momente, wenn sie dich einfach nur anlächeln, das möchte ich nicht missen.

Versammelte Mitarbeiter
Belegschaft Altenheim Eva Witt |Foto: Archiv/unbekannt
35-Jahre Betriebszugehörigkeit: Monika Kraus mit Eva Witt und Heimleiter Helmut Witt auf der Bank sitzend
Monika Kraus mit Eva Witt und Heimleiter Helmut Witt

Frage: Ich habe kürzlich mit einer Bewohnerin gesprochen, die fühlt sich sehr wohl bei euch auf dem Wohnbereich.

Moni: Ja. Ich habe eigentlich zu allen einen guten Kontakt. Die schätzen mich auch alle. Aber du musst erst ihr Vertrauen gewinnen, dass sie wissen, sie können sich auf dich verlassen. Natürlich mache ich auch Fehler, ich vergesse zum Beispiel, dass ich versprochen habe, nochmal hinzugehen. Aber dann gehe ich am nächsten Tag hin und entschuldige mich. Das verstehen sie dann auch. So gewinnt man das Vertrauen. Das ist ganz wichtig.

Frage: Was würdest du BerufsanfängerInnen raten?

Moni: Das mit dem Vertrauen gewinnen. Dass man ehrlich sein soll, auf die Bedürfnisse und Wünsche der BewohnerInnen nach Möglichkeit eingehen soll oder sie dann auch mal vertröstet, wenn etwas nicht klappt. Das verstehen sie dann auch alle. Aber einfach, dass man mit ihnen spricht. Da muss man dann einen Mittelweg finden, weil man ja 20 Bewohner hat, aber dass man auf die Menschen eingeht und versucht, ihre Wünsche zu erfüllen.

Frage: Welche Aufgaben erledigst du gerne?

Moni: Die Pflege selber: Das Waschen, das Anziehen, der Umgang mit den Bewohnern. Was ich noch nie gern gemacht habe ist telefonieren oder Schreibarbeiten. Das war schon früher so. Ich mache natürlich alles, aber am liebsten ist mir der Umgang mit den Leuten.

Frage: Was ist deiner Meinung nach die größte Veränderung in der Altenpflege seit du gestartet hast vor 35 Jahren?

Moni: Die größte Veränderung sind die Kontrollen von den Behörden, was manchmal kleinlich ist. Kontrollen sind wichtig, zum Beispiel beim Thema Gewalt oder freiheitsentziehenden Maßnahmen. Aber wenn jetzt mal eine Salbe oder ein Medikament ein oder Tage über der Zeit ist, dass dann so ein Drama daraus gemacht wird, das finde ich furchtbar. Und da geht es meiner Meinung nach nicht mehr so sehr um das Wohl der Bewohner, Hauptsache der Schreibkram stimmt.

Frage: Wenn du auf die Zeit im Haus der Pflege zurückblickst. Was würdest du anders machen?

Moni: Eigentlich nicht viel (lacht). Mit der Personalknappheit kann man nicht glücklich sein, aber wir können nur versuchen das Beste daraus zu machen. Eine Lösung habe ich jetzt auch nicht.

Frage: Was würdest du jüngeren KollegInnen mit Interesse am Beruf als Altenpflegerin raten?

Moni: Sie sollte sich bewusst sein, dass es Wochenenddienste und Schichtdienste gibt und auch damit leben können. Und danach auch die Familiensituation einschätzen. Wenn man sich aber für den Beruf entscheidet, dann kriegt man sehr viel zurück, auch von Leuten, die sich nicht mehr äußern können. Das kann ein zufriedener Blick oder ein Lächeln sein, das reicht dann schon.

Frage: Worauf freust du dich, wenn du an die Rente denkst?

Moni: So gar nicht mehr auf die Arbeit gehen, das kann ich mir nicht vorstellen. Aber auf der anderen Seite, da muss man nicht mehr so früh aufstehen oder spätabends arbeiten. Aber wirklich ganz ohne Arbeit kann ich mir noch nicht vorstellen (lacht).

35-Jahre Betriebszugehörigkeit: Monika Kraus mit Eva Witt
Monika Kraus mit Eva Witt | Foto: Amelie Witt

Frage: Hast du Macken? Und wenn ja, welche?

Moni: Wenn ich Frühdienst habe, war ich vor 10 Uhr nicht ansprechbar für Kollegen. Da war ich auf meine Arbeit und die Bewohner fixiert und um 10 Uhr, wenn ich meinen Kaffee getrunken hab, dann konnten sie mich alles fragen.

Frage: Was wirst du vermissen, wenn du deinen Spind räumst?

Moni: Den Umgang mit Bewohnern und teilweise auch mit Kollegen. Das wird mir schon wehtun.

Frage: Was sind deine Hobbys?

Moni: Mein Haus und mein Garten. Viele handwerkliche Tätigkeiten mache ich selbst, z. B. Malern und Tapezieren. Ich habe auch meinen Keller gefliest und schließe Lampen an. Das mache ich leidenschaftlich gerne.

Frage: Hast du eine Lebensphilosophie, nach der du lebst?

Moni: Ich behandle mein Gegenüber so, wie ich selbst behandelt werden will. Zumindest versuche ich es.

Frage: Das ist doch ein perfekter Satz zum Abschluss. Vielen Dank für das Gespräch!

Porträt von Pflegekraft Monika Kraus

Das Interview führte Amelie Witt. Hier geht’s zum ersten Teil des Interviews.

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